Shooting Match (2017)

 

 

 

Video und Soundinstallation (3 min)

Mixed Media

 

 


 

 

"Shooting Match" ist eine Arbeit, die mehrere Medien verbindet, weshalb es sich unbedingt empfiehlt, den Videoclip dazu anzuschauen (s. Link auf diesem Kalenderblatt). Hannah Gottsmann hat inhaltlich zwei Bereiche zusammengeführt, mit denen sie selbst Erfahrung hat. Die Künstlerin spielt Tennis, arbeitet aber auch nebenbei als Fotomodell. Der sprichwörtlichen glatten Oberfläche, die man gerne mit dem Begriff verbindet, setzt sie einen ungewöhnlichen Anblick entgegen. Die plastische Grundlage ihres Werks bilden aufgeschnittene, umgestülpte Tennisbälle. Die Bälle erscheinen wie hingeklatscht; sie wirken wie aufgeplatzt. Der gelbe Filzbelag ist nach innen gewendet; die bräunliche, grünliche oder schwärzliche elastische Kunststoffhaut dient nun als Projektionsfläche. Auf dieser erscheinen Augen, Münder, Haut. Sie entstehen durch eine sich wiederholende Filmsequenz, die Hannah Gottsmann auf die angehäuften Ballkadaver projiziert. Sie selbst steht dabei vor der Kamera.

 

 

Während sich die Projektionen verändern, hört man Anweisungen einer männlichen Stimme: "Chin Up", "Eyes Wide Up", "New Pose" und immer wieder "Look At Me". Es sind kurze Kommandos, mit denen Fotografen den Ausdruck und die Körperhaltung ihrer Modelle steuern. Die Stimme ist computergeneriert und die Anweisungen hat die Künstlerin selbst geschrieben. Dazu ist ein zweites Geräusch gemischt. Man hört unverkennbar den Sound eines Tennismatchs. Manchmal klingen die englischen Phrasen wie Spielkommentare; eine atmosphärische Verschiebung findet statt. 

Das funktioniert auch in der Gegenrichtung. Immer nach einem Kommando schlägt der Ball mit einem "Plop" auf und verursacht eine Art akustischen Kurzschluss, denn das Geräusch ist präzise so platziert, dass genau dann der Auslöser der Kamera zu hören ist. Mit jedem Ballwechsel ändert sich die Pose des Modells, das, wenn auch in viele kleine Bildsplitter fragmentiert, auf den realen, umgestülpten Bällen zu sehen ist. "Shooting Match" führt letztlich alle Ebenen auf einen Punkt: Es ist der Moment, an dem das Foto gemacht und der Ball zurückgespielt wird. Das Foto-Shooting und das Tennismatch brauchen (mindestens) zwei Mitspieler, die in Aktionen und Reaktionen verbunden sind, wobei das Modell mit seinen Reaktionen durchaus metaphorisch Bälle zurückspielt.

 

Text: Jochen Meister